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#003 | InfoTastic | Kai Haase

Für unser drittes Gründerportrait waren wir bei der InfoTastic Academy und haben mit ihrem Geschäftsführer Kai Haase, dem IT-Beauftragten Meinolf Schönauer und dem Vorstandsvorsitzenden Patrick Schwane gesprochen. In diesem Beitrag geht es hauptsächlich um Kai (die anderen beiden Beiträge werden bald veröffentlicht). Wir hoffen, du hast beim Lesen ähnlich viel Spaß, wie wir es beim Besuch der InfoTastic hatten. Ich sage extra “ähnlich”, denn der wahre Impact der InfoTastic lässt sich nur erspüren, wenn du diesen zauberhaften Ort in Attendorn selbst besuchst!

Wer bist du und warum hast du gegründet?

Ich bin Seriengründer, weil ich mit Leidenschaft Projekte verfolge und die InfoTastic klang mit ihrem Anspruch, Leute für Technologie zu begeistern, für mich nach einem besonders spannenden Projekt. Ich habe mich schon früh und oft gefragt: Wie funktionieren die Dinge? Warum und wie ist der Film so toll geworden, die Webseite, das Spiel? Später habe ich auch etwas in die Richtung studiert. Hier bei der InfoTastic Academy wollen wir nicht nur zeigen, dass es Technologien gibt, sondern dass man sie auch einfach für die Ausgestaltung der eigenen Ideen nutzen kann. In unseren Räumlichkeiten in Attendorn laden wir alle Menschen ein, sich selbst mithilfe der Technik explorativ auszuprobieren. Wir haben 2020 den Verein gegründet und relativ schnell ging es dann um das Thema Fördergelder, weil das, was wir hier vorhatten, schon ziemlich kostenintensiv war und von uns sieben Vereinsmitgliedern nicht alleine gestemmt werden konnte. So sind wir auf die Regionale 2025 gekommen. Diese war für uns ein bisschen überdimensioniert. Das EU-Förderprogramm LEADER allerdings hat ziemlich gut gepasst! Die LEADER-Region BiggeLand hat eine hervorragende Ansprechpartnerin und nachdem wir unser Promovideo vorgelegt haben, in der unsere Vision deutlich wurde, kam die Zusage zur Förderung. Das erforderliche Invest durch Sponsoren haben wir dann zusammenbekommen, obwohl bei vielen der Ansprechpartner anfangs noch Fragezeichen im Gesicht ablesbar waren. Der Verein InfoTastic ist übers Netzwerken zusammengekommen. Ein Freund von mir, mit dem ich früher mal gemeinsam in einer Firma gearbeitet habe, hat mich zu einem lockeren Austausch mit zwei Lehrern eingeladen und dann ging’s eigentlich direkt los.

Meine beruflichen Stationen sind vielseitig und einiges davon läuft jetzt praktischerweise in der Arbeit für die InfoTastic Academy zusammen: Meinen Zivildienst habe ich einer Begegnungsstätte für Kinder und Jugendliche verrichtet, in der sie an den zur Verfügung gestellten PCs spielen und lernen konnten. Während der Betreuung wurde mir klar, dass das Ganze viele Potentiale hat. Ich wollte selbst sehen, wie man Webseiten baut, wie man Videos am Rechner schneidet und so habe ich mich zur Ausbildung des Multi Media Producers entschieden. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen hochtrabend, im Grunde ist das der Mediengestalter, den ich an der SAE in Köln gemacht habe. Dort habe ich festgestellt, dass ich nicht der geborene Designer bin, was mir aber richtig Spaß gemacht hat, war die Programmierung. Also habe ich ein Informatikstudium angeschlossen, zuerst in Aachen, dann in Siegen. Aachen war schon ganz cool, aber Siegen war noch besser aus dem einfachen Grund, dass dort die Medien so stark fokussiert wurden. Die Kombination aus Medienwissenschaften und Informatik, das war das, was mich gereizt hat. Neben dem Studium habe ich angefangen, die ersten eigenen Programme zu schreiben und damit Geld zu verdienen. Ich habe damit Vereine unterstützt und als Administrator in einem Architekturbüro gearbeitet. Mit einem Kompagnon zusammen habe ich dann eine Werbeagentur gegründet. Das war ein super Fit – er war für den Design-Part zuständig, der mir ja, wie gesagt, Schwierigkeiten bereitete. Dann wurde ich von einem Kunden als Lead-Entwickler aufgekauft und Sascha, mein ehemaliger und sehr geschätzter Geschäftspartner, hat die Werbeagentur weiter betrieben. Das macht er bis heute erfolgreich. Ich landete zwischendurch wieder bei einer Werbeagentur, diesmal im Angestelltenverhältnis, in dem ich die Digitalisierung maßgeblich vorantreiben konnte. Die letzte Station vor meiner aktuellen Selbstständigkeit mit meiner Frau und einem Bekannten zusammen war ein Softwarehaus, in dem ich jede Menge gelernt habe. Irgendwann habe ich gespürt, da schlummert noch so viel mehr in der Schublade, das ich angehen möchte und so kam die Entscheidung zu unserem eigenen Unternehmen, der lenne.Tech GmbH. Diese haben wir drei ebenfalls 2020 gegründet.

Was ist dein Produkt / deine Dienstleistung?

Viele stehen vorm Schaufenster und fragen sich: “Was verkaufen die da? Was soll ich mit den Robotern machen? Ich geh da lieber nicht rein.” Dann müssen wir die Leute ein bisschen reinziehen. Wir verkaufen hier nichts. All die Sachen, die es hier gibt, kann man kostenlos ausprobieren. Was wir verkaufen, was unsere Dienstleistung ist, ist eigentlich Begeisterung. Das ist das, was wir hier transportieren möchten. Wir sind nicht im Hochprofessionellen Bereich. Jeder kann hier alles ausprobieren, wir können Tipps geben, zur Mündigkeit anleiten. Du kannst hier keinen hochprofessionellen Podcast aufnehmen. Wir können dir aber zeigen: Was ist ein Podcast, wie kannst du einen Podcast aufnehmen, welche Technologien gehören dazu, um dann die Entscheidung treffen zu können: Bau ich mir das jetzt selbst professioneller auf oder such ich mir jemand Professionelles, mit dem ich reden kann, weil ich damit ja dann schon Vorerfahrungen habe. Wir sind also im Grunde das explorative Eingangstor. Besucher können hier alles ausprobieren querbeet und wenn sie jetzt hier mit Robotern spielen, können sie einen Blick nach rechts und links werfen und können dann feststellen, ah, vielleicht ist auch Musik aufnehmen interessant für mich oder sie fertigen ein Ersatzteil am 3D-Drucker. Wir wollen nicht nur für eine einzige Sache begeistern, sondern den Horizont erweitern, die Menschen auch in andere Bereiche reinschnuppern lassen. Es geht um die Befähigung dazu, Dinge nutzen zu können für die eigenen Projekte und wir sind dann ganz gespannt, was dabei rauskommt. Ob dann Projektgruppen dabei rauskommen, die zusammenarbeiten oder ob hier sogar, und das ist unser größter Traum, ein kleines Startup vielleicht hier entsteht, das mit seiner Idee hier angefangen hat, aber sich dann in irgendner Form gründen und ihr eigenes Unternehmen hochziehen. Das ist das, war wir hier triggern möchten.

Die ersten Grüppchen bilden sich schon, bspw. im Modellbau. Die Menschen, die hier zusammenkommen, haben das bisher anders organisiert, sind aber jetzt begeistert vom 3D-Druck, probieren die Fräse aus. Andere gucken über die Schulter, geben Tipps und so kommen alle Interessierten näher zusammen und unterstützen sich gegenseitig, wie man das von einem Maker Space kennt. Für verschiedene Themen bieten wir Workshops an und auch da ist das Ziel, dass Teilnehmer eine Einführung bekommen (z.B. im Umgang mit Smartphones) und sich anschließend öfter treffen und gegenseitig weiterhelfen. In vielen Bereichen entstehen da Kompetenzen, die weit darüber hinaus gehen als das, was wir als Initiatoren hier leisten können und dann nimmt man eben die Rolle des Vermittlers an, weil ein Besucher die des Experten eingenommen hat.

Als ich mein eigenes Unternehmen gegründet habe, bekam ich von anderen Unternehmen die Warnung: “Gründe ja nicht in der Region!” Aus dem einfachen Grund, weil hier die Nachwuchskräfte fehlen. Es ist extrem schwer an Fachkräfte zu kommen. Auf die Frage, was bisher dagegen getan wurde, kamen die Klassikerantworten: Ausschreibungen getätigt, unfruchtbare Praktikumsmaßnahmen, nichts, das das Problem frühzeitiger, näher an der Wurzel gepackt hat. “Das ist zu aufwendig, da kümmern wir uns später mal drum.” ist auch ein oft gehörter Satz, was diese Problematik angeht. InfoTastic stellt sich direkt an den Anfang: Um die Leute in eine gewisse Richtung zu bringen, muss man sie erst einmal begeistern, dann kommt der Gedanke “Ich möchte mich da weiterentwickeln.” ganz intrinsisch. Das ist ein hohes Investment und das dauert auch eine Zeit, bis da wirklich die ersten Fachkräfte rauspurzeln, die hier ihre ersten Schritte gemacht haben. Wenn hier jemand ist, bei dem absehbar ist, dass er/sie eine Ausbildung bspw. im Bereich Software-Entwicklung machen möchte, dann vermitteln wir natürlich auch. Mit all dem tun wir unseren Teil, die für unsere Region elementare Fachkräftesicherung voranzutreiben.

Das schönste Feedback, das wir hier bekommen, ist das Strahlen in den Augen der Menschen, die InfoTastic ganz frisch entdecken. Einmal habe ich ein älteres Pärchen hier reingelotst. Beim Reinschauen waren die beiden sehr skeptisch. Nach einem geführten Rundgang in den Räumlichkeiten hieß es: “Wow, hätte ich niemals gedacht, dass es hier sowas gibt. Ich komme auf jeden Fall wieder.” Wenn man das hört, dann hat man das Gefühl, definitiv etwas richtig gemacht zu haben.

Bist du schon hooked? Die InfoTastic Academy ist immer auf der Suche nach neuen Vereinsmitgliedern, die “mit anpacken”, also ran und rein da! Lerne die InfoTastic Academy genauer kennen und übernehme einen Dienst, um ebenfalls die wundervollen Erfahrungen zu sammeln, in dessen Genuss wir bei unserem Besuch und jeder Unterstützer regelmäßig kommt.

Wo biste mal so richtig auf die Fresse geflogen?

Wir haben hier eine sehr gute Standortwahl, in Attendorn, in der Innenstadt, gut erreichbar für alle, das ist cool. Hätten wir gewusst, dass wir hier keinen Internetanschluss kriegen, hätten wir das nicht getan. Wir wollen hier Technologie zeigen und brauchen dafür eine gute Anbindung. Die ist im Moment nicht da. Wir wissen uns aktuell zu behelfen und es wird sicher auch besser, aber das ist schon etwas, das einem bei der Frage einfällt.

Diese Antwort haben wir jetzt das dritte mal bekommen, bei drei Gründern. Freunde, macht eurem Startup das Internet auch Probleme? Das kann doch nicht wahr sein!

Da manche Teammitglieder aus dem Start der InfoTastic bereits abgesprungen sind, muss ich auch erwähnen, dass es phasenweise schwer war, das gesamte Team zu motivieren. InfoTastic ist noch viel mehr geworden, als anfangs erträumt, und damit wurde es manchen im Team zu zeitintensiv. Das kann ich sehr gut verstehen, da jeder seinen Hauptberuf hat und das hier ist eben ein Ehrenamt. Weniger Leute im Team bedeuten wiederum eine Mehrbelastung für diejenigen, die weitermachen. Auf das Kernteam muss und bei uns glücklicherweise kann man sich verlassen, denn es sind alle mit Herzblut dabei. Schwächelt der eine, kann das im Idealfall der andere auffangen. Seine eigenen Ambitionen darf man nicht immer einfach so auf alle Teammitglieder übertragen. Man sollte natürlich immer prüfen, mit dem man gründet. Das ist wie bei einer Ehe fast. Niemals alles alleine machen, sondern mit anderen zusammen, weil die einen dann auch mal tragen können durch manche Situationen. Wenn man frustriert ist, kann man sich mit anderen austauschen und die haben oft eine ganz andere Betrachtungsweise, die einem weiterhilft. Genau so wichtig ist Streitkultur. Mal hat der andere mehr Kompetenz und das muss man sich dann auch eingestehen oder es geht oft um die Dinge, die lediglich Geschmacksache sind. Das macht das Ganze aber auch extrem spannend. So ein gemeinsames Projekt schweißt einfach zusammen.

Eine große Hürde waren auch die ganzen bürokratischen Akte. Dafür muss man einiges tun, auch wenn unsere Begleitung und Unterstützung toll war. Das ist ein großer Akt, der einfach zu stemmen ist. Da sind manche Nachtdienste drauf gegangen, wo man sich denkt, ok, die hätte ich gerne schlafend verbracht. So ein Projekt ist immer mehr Arbeit als man eigentlich denkt, aber wie bei so Vielem im Leben, es kommen ganz unverhoffte Sachen und es macht einfach so viel Spaß, dass ich das nicht missen möchte.

Wenn ich mein Gründerleben oder meine allgemeine Entwicklung betrachte, dann bereue ich nichts. Ich würde Sachen eher bereuen, wenn ich sie nicht getan hätte. Ich bin ein bisschen zwiegespalten: auf der einen Seite bin ich sehr unternehmungslustig und freu mich auf neue Projekte, auf der anderen Seite brauche ich immer ein Stück Sicherheit, was konträr ist zum typischen Gründer. “Alles, was da passiert, nichts kann mich schocken.” Diese Einstellung hat sich ein wenig gewandelt, seitdem ich Vater geworden bin. Die Familie muss eben auf sicheren Füßen stehen. Da wird man dann ein bisschen ruhiger. Auch die Zeit damals im Festangestelltenverhältnis möchte ich nicht missen. Ich bewahre mir die Freude daran, viel auszuprobieren. Meine Frau bringt mich immer dazu, nicht alles auszuprobieren, manche Sachen nochmal zu überdenken. Was mir jetzt geholfen hat, ist Dinge auf einer Skala von eins bis zehn einzuordnen. Da frage ich mich, wie sehr reizt mich ein gewisses Thema, eine gewisse Aufgabe oder ein neues Projekt. Alles, was unter sieben ist, wäre schön, wird aber nicht angegangen, weil’s dann vielleicht halbherzig ist oder nur ein ein ganz geringes Zeitkontingent zur Verfügung steht.

Ans Aufgeben hat das InfoTastic Team noch nie gedacht. Dabei spielt sicherlich auch die Geschwindigkeit, mit der sich alles entwickelt hat, eine Rolle. Durch die schnelle Förderung konnte sich alles rasant entwickeln und keiner kam auf den Gedanken, das Handtuch fallen zu lassen. Es gab gar nicht das Nachdenken, machen wir’s oder machen wir’s nicht, da gab’s gar kein Zurück mehr. Wenn ich jetzt meine eigene Unternehmung betrachte, dann kann ich nicht sagen, wie lang es uns in genau der Form geben wird, worein ich mich allerdings ein bisschen verliebt hab, ich die Selbstständigkeit! Selbst wenn ich zwischenzeitlich doch mal “gezwungen” sein sollte, diese wieder zu verlassen, zur Selbstständigkeit wer de ich immer wieder zurückkommen.

Egal ob beruflich oder privat, ich hatte mir immer gewünscht einen Blick in die Zukunft machen zu können. Wenigstens einen kleinen Moment zu sehen und festzustellen: es wird alles gut. Also Sachen, die man sich wünscht zu haben, diese Gewissheit: Frau, Gründung, die nicht sofort vor die Wand fährt, sondern überlebt. Diese Gewissheit kriegen wir nicht. Deswegen würde ich meinem jüngeren Ich sagen: “Hab einfach Vertrauen.” Vertrauen in einen selbst, und Vertrauen darauf, dass wenn man fleißig ist, wenn man aktiv ist, wenn man netzwerkt, wenn man sich mit anderen unterhält, dass irgendwo Türen aufgehen werden und man den Mut hat, da auch durchzugehen. Bisher hat das alles funktioniert.

Was würdest du deinem jüngeren Ich sagen wollen? Schreib es uns unten in die Kommentare.

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